Spielen im Unterricht - eine sinnvolle Unterrichtsmethode zur Förderung aktiver
Lernprozesse oder ein Element der vielbelächelten 'Kuschelpädagogik'? Diese
Frage wird in der aktuellen pädagogischen Debatte - insbesondere nach PISA
2000 und PISA 2003 - häufig gestellt, wenn es um die Entwicklung von Schule
und Unterricht geht. Dennoch ist diese Frage nicht neu - bereits zu Zeiten der
ersten Reformansätze zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts setzte man sich
intensiv mit den Grenzen und Chancen verschiedener Unterrichtsmethoden
auseinander, darunter auch mit dem Spiel im Unterricht. Grenzen und Chancen -
dass das Spiel im Unterricht als sinnvolle Unterrichtsmethode durchaus seine
Grenzen hat, soll im Folgenden ein kurzer Erfahrungsbericht zeigen, der zugleich
Anlass für diese Ausarbeitung war. Dass es jedoch auch anders sein kann, dass
das Spiel im Unterricht durchaus bei entsprechender didaktischer Aufbereitung
geeignet ist, um Lernprozesse anzuregen und zu fördern, soll im Anschluss
dargestellt werden.
Spielen im Unterricht - ein negatives Beispiel:
Im Rahmen einer Hospitationsstunde in einer Grundschule beobachtete ich
folgenden Unterrichtsablauf:
Die Lehrerin leitete ihre Mathematikstunde mit einem Spiel ein, indem sie einen
großen Schaumstoffwürfel zur Verfügung stellte und die Zahl 'eins' an die Tafel
schrieb.
Die Kinder sollten nun jeweils würfeln und die gewürfelte Zahl zu der an der Tafel
stehenden hinzuaddieren. Würfelte das erste Kind eine fünf, sollte es also eine
sechs an die Tafel schreiben und den Würfel weitergeben. Das folgende Kind
musste nun wiederum die gewürfelte Zahl zur sechs addieren und so weiter.
Dieses Spiel mag einem auf den ersten Eindruck als durchaus geeignet
erscheinen, um die Fähigkeit der Addition der Kinder zu festigen, jedoch gestaltet
sich das Ganze als denkbar schwierig, wenn der dazu notwendige
Zehnerübergang noch gar nicht eingeführt wurde.
Bereits beim zweiten Würfeln ergab sich die Aufgabe 8+4 und sämtliche Kinder
riefen die abwegigsten Zahlen wie 78, 54 oder 26 in die Klasse.
Die Lehrerin wartete geduldig ab, bis sie glaubte, irgendwo eine 'zwölf'
vernommen zu haben, und schrieb diese dann unter eindringlichem Lob an die
Tafel.
Das ging solange weiter, bis die Kinder begonnen, sich mit dem Würfel
gegenseitig zu schlagen; erst dann brach sie das Spiel ab.
Nach einer halben Stunde standen ganze vier Zahlen an der Tafel.
Anlass genug, sich einmal eingehender mit dem Spiel als Unterrichtsmethode zu
beschäftigen.